Ob Urlaub, voller Kühlschrank oder fehlender Keller: So manch eine wünscht sich jetzt, ihr vieles Gemüse aus der Parzelle vielleicht auch später essen zu können, womöglich sogar, für den Herbst und Winter haltbar zu machen, um sich das Gartenglück noch länger zu erhalten.
Da nun neben den Blattgemüsen auch zunehmend die Fruchtgemüse und Knollen reif sind, helfen einige Tipps zur erhaltenden Ernte dabei, den Speiseplan zu entzerren.
Hierzu zunächst einige Begriffserläuterungen:
Das Erntefenster bezeichnet den Zeitraum, in dem eine Kultur beerntet werden kann, bevor sie verfällt – also den Anfang und das Ende der Erntezeit der jeweiligen Gemüsekultur.
Erntezeitpunkt: Die Pflanze oder Frucht im optimalen Verzehrzustand ernten.
Sie schreit förmlich: „Ernte mich – jetzt!“
Hormonhaushalt: Je nachdem, in welchem Stadium sich eine Pflanze befindet, wirken verschiedene Hormone. Die wichtigsten sind die Wachstumshormone, welche erst mal die vegetative Phase der Pflanze dominieren, zu erkennen an der Wurzel- und Blattbildung. Ab einer gewissen Größe stellt sich die Pflanze dann auf die generative Phase um. Vermehrung und Fortpflanzung, die sich meist in Blüten-, Frucht- und Samenbildung zeigen, werden eingeleitet.
Fruchtgemüse: Botanisch gesehen werden die meisten Pflanzen unreif geerntet, also bevor sie es geschafft haben, Samen so auszubilden, dass sie sich damit vermehren können.
Sehr anschaulich lässt sich das für Fruchtgemüse anhand der Zucchini beschreiben: Am besten schmeckt die Frucht bei einer Größe von ca. 10 – 15 cm: Sie hat eine zarte Haut und kleine Kerne. Lässt man sie hängen, wird sie zunächst sehr groß und die Schale zunehmend fester. Die Kerne innen beginnen, sich zu richtigen Samen zu verfestigen. Das Fruchtfleisch schmeckt inzwischen kaum noch nach etwas. Die Frucht hat sich konserviert, um die Samen vor Schädlingen zu schützen. Mit zunehmender Kälte und erstem Frost beginnt die harte Schale, sich zu zersetzen; die Samen werden freigelegt und verschwinden in der Erde. Unter optimalen Bedingungen entstehen aus diesen dann im nächsten Frühjahr neue Zucchinipflanzen. – Die Pflanze hat es geschafft, sich zu vermehren. Durch die Ernte der jungen Früchte durchbrechen wir diesen Kreislauf und schaffen uns so ein Nahrungsmittel. Ähnlich ist dies bei Gurke, Zuckermais, Brokkoli, Erbsen und Bohnen.
Im Gegensatz dazu ernten wir bei Fruchtgemüsen wie Tomaten und Kürbis am liebsten die, auch botanisch gesehen, reife Frucht. Der Kürbis schmeckt gerade im Zustand der Konservierung besonders lecker und lässt sich so gut lagern: Die Schale ist fest, der Strunk verkorkt und die Samen sind voll ausgebildet.
Blattgemüse: Kulturen, bei denen das Blatt geerntet wird, sind so lange genießbar und lecker, bis sie in die Blüte gehen. Dann stellt die Pflanze ihren Hormonhaushalt auf „Nachwuchs“ um und gibt alle Kraft in die Blüten- und Samenbildung. Die Blätter werden etwas zäher, kleiner und welk. Dies betrifft alle Salate, Fenchel, Mangold, Spinat, Feldsalat, Basilikum und weitere Kräuter.
Zweijährige Kulturen (Wurzelgemüse): Möhren, Rote Bete, Pastinaken, Zwiebeln und Lauch.
Aus dem Samenkorn entsteht hier zunächst eine Wurzel, welche dann zur Überwinterung das Speicherorgan aller wichtiger Nährstoffe wird. Im nächsten Jahr hat die Pflanze dann schnell genug Kraft, in Blüte und Samenbildung zu gehen und sich zu vermehren. Bei der Kultivierung wird der Kreislauf durchbrochen, wir ernten das Speicherorgan als Nahrungsmittel.
Die Kartoffel ist botanisch gesehen kein Wurzelgemüse: Die Pflanze bildet Wurzelausläufer, die sich verdicken und so entstehen Sprossknollen (die Kartoffeln), durch welche sich die Pflanze vegetativ vermehren kann.
Hypocotylpflanzen – Was sind das denn? Hier handelt es sich z.B. um Knollensellerie und Radieschen. An der Knollenbildung ist zur Hälfte die Hauptwurzel und zur anderen Hälfte die Sprossachse beteiligt, das nennt man in der Fachsprache dann Hypocotyl.
Nebenbei: dies gilt ebenso für die Rote Bete, die jedoch darüber hinaus auch → zweijährig ist.
Anhand dieser Kategorisierung können ganz gut die → Erntefenster der verschiedenen Kulturen abgeleitet werden. Hier sind sie nun der Reihe nach aufgeführt:
→ Fruchtgemüse haben ein langes Erntefenster, wenn sie regelmäßig beerntet werden und somit verhindert wird, dass sie ihren → Hormonhaushalt auf Vermehrung umstellen. Dabei ist es wichtig, immer alle Fruchtansätze einer Pflanze abzuernten: Wer Bohnen und Erbsen regelmäßig komplett abgeerntet hat, konnte sich bis zu sechs Mal über eine reiche Ernte freuen. Durch das Entfernen der Hülsen wird die Pflanze angeregt, neue Blüten und somit neue Hülsen zu bilden.
Wer regelmäßig kleine Zucchini und Gurken erntet, erfreut sich eines ständigen Nachwachsens neuer Früchte. Es gilt also gerade hier, den richtigen → Erntezeitpunkt abzupassen. Bekommt die Pflanze die Möglichkeit Samen auszubilden, stellt sie die Blütenbildung ein und konzentriert sich auf das Ausreifen ihrer Samen.
→ Blattgemüse haben ein mittleres bis kurzes → Erntefenster: Ist der → Erntezeitpunkt erreicht, sollten sie geerntet werden. Sie halten noch ein paar Tage ganz gut im Boden aus, dann beginnen sie zu schießen und Blütenansätze zu bilden. Lässt man die Wurzeln stehen, bilden sie zum Teil noch einmal kleinere neue Sprossen, sind jedoch nicht mehr so ergiebig und können somit auch gut neuen Jungpflanzen Platz machen.
Für → zweijährige Kulturen und → Kartoffeln gilt, sie können schon mit kleinen Wurzeln geerntet werden. Sie wachsen und verdicken sich im Acker jedoch stetig weiter und bilden dickere, haltbarere Schalen, je länger sie in der Erde sind. Sie haben also ein sehr langes → Erntefenster. Ist das Kraut abgestorben, sollten sie ausgegraben werden.
Verkürzt wird das natürliche Erntefenster jedoch zum Teil durch Krankheiten wie Kraut- und Knollenfäule sowie durch Schädlinge wie Möhrenfliegen und Wühlmäuse. Je nach Befall ist eine frühere Ernte nötig, um das leckere Gemüse auch selbst noch genießen zu können.
Für die Lagerung ist es wichtig, sich kurz noch einmal die verschiedenen → Erntetechniken der einzelnen Gemüsekulturen zu verdeutlichen:
Salate und Schnittlauch wachsen am besten nach, wenn sie unterhalb des Blattansatzes einmal komplett abgeschnitten werden.
Bei Petersilie und Mangold erntet man, am besten immer von außen nach innen, die Blätter möglichst weit unten am Blattansatz ab und lässt die innersten stehen.
Spinat komplett mit Wurzel aus der Erde ziehen.
Jegliches Blattgemüse hält sich gut frisch, wenn es sich beim Tränken in einem Eimer ordentlich mit Wasser vollgesogen hat. Dann abtropfen lassen, in ein feuchtes Geschirrtuch wickeln und im Kühlschrank lagern.
Erbsen, Bohnen: Immer komplett alle Hülsen über 5 cm abzwicken – so hat man alle fünf Tage eine frische Portion.
Tomaten: Die roten (bzw. gelben) sind‘s, die lecker schmecken.
Zucchini und Gurken: Alle Früchte ab 10 cm Größe abdrehen.
Brokkoli: Die Blüte wird im Knospenzustand mit einem Messer herausgeschnitten.
Zwiebeln können jetzt schon gut als frische Zwiebeln aus dem Boden gezogen werden. Richtig haltbar werden sie jedoch erst, wenn das Kraut wirklich gut vertrocknet ist und sich eine wachsartige, gelbe bzw. rote Schicht um die Zwiebelknollen gebildet hat.
Kürbis kann zur raschen Verarbeitung am Strunk abgeschnitten werden. Haltbar für den Winter ist er erst, wenn sich der Strunk richtig verkorkt hat.
Zuckermais: Sind die Haare dunkelbraun und lassen sich zwischen zwei Fingern zerbröseln, ist der Kolben reif und kann von der Pflanze abgebrochen werden. Lässt man ihn zu lange hängen, beginnt der Zucker, sich in Stärke umzuwandeln und aus dem Zuckermais wird ein, nicht mehr so leckerer, Futtermais.
Fenchel: Bevor die weißen Knollenblätter sich an den Rändern einrollen, sollte der Fenchel geerntet werden. Dabei ist die Größe nicht ausschlaggebend! Er beginnt schnell zu schießen. (Die Knolle fächert sich nach oben auf und schmeckt dann etwas zäh.)
Kartoffeln, Möhren, Rote Bete und Lauch können gut, zum Teil mithilfe der Grabgabel, aus dem Boden geholt werden. So langsam ist die Schale auch schon so dick, dass sie eine Weile haltbar sind, wenn sie richtig gelagert werden.
Nachdem das Gemüse nun fachgerecht geerntet wurde, können wir zu Lagerung und Haltbarmachen übergehen. Geerntetes Gemüse ist nicht tot – es finden immer noch Stoffwechselprozesse statt! Durch optimale Lagerung können diese verzögert werden, sodass das Gemüse länger frisch bleibt:
Im Gemüsefach des Kühlschranks sind Salat, Kräuter (in feuchtes Tuch gewickelt), Mangold, Fenchel, Erbsen und Bohnen gut aufgehoben.
In einem Korb auf der Anrichte finden Gurke, Zucchini, Tomaten und Maiskolben einen guten Platz. Vorsicht: Äpfel sollten ferngehalten werden. Sie beschleunigen durch Ausdünstung von Ethen den Reifeprozess ihrer umliegenden Korbgenossen.
Zwiebeln und Kürbis hingegen mögen es warm und trocken, z.B. auf der Fensterbank. Aber Achtung: Direkte Sonneneinstrahlung führt zu Austrocknung.
Karotten, Rote Bete und Fenchel sollten getrennt vom Laub gelagert werden. Die Speicherknollen geben sonst ihre ganze Kraft in die Erhaltung der Blätter. Die Knolle selbst wird dabei lasch und welk.
Kartoffeln mögen es dunkel, trocken und leicht kühl. Wie auch Rote Bete und Karotten lagert man sie, möglichst ungewaschen, in einem Stoffbeutel in der Speisekammer oder in einem Korb unter der Anrichte. Ungewaschen, da durch die Reibung mit Bürste und ähnlichem die Sandkörner die schützende Oberfläche leicht zerstören.
Haltbarmachen bedeutet, durch aktive Verarbeitungsprozesse Gemüse und Obst zu konservieren. Hier nur eine kleine Liste, was es für Möglichkeiten gibt. Je nach Geschmack sind diese auf fast alle Gemüse-Kulturen anwendbar:
Einkochen, Einwecken: Z. B. Tomaten, Zucchini, Gurken, Kürbis, Rote Bete, Möhren
Milchsauer vergären: Z. B. Kohl (Sauerkraut, Kimchi), Möhren, Rote Bete, Gurken, Bohnen, Erbsen
Einlegen in Öl: Z. B. Kräuter (Pesto), Zucchini, Tomaten, Paprika
Chutney: Z. B. Zucchini, Kürbis, Tomaten
Einfrieren: Z. B. Kräuter (Schnittlauch, Petersilie, Basilikum), Mangold, Spinat, Bohnen, Erbsen
… und was hast Du selbst noch so auf Lager?