Feldfruchtbrief No 1: Kartoffelanbau – Wie sie wurden, was sie sind

Liebe Feldfrucht-Freunde,

mit diesem Newsletter informieren wir über unseren Anbau von Kartoffeln und Kürbissen im Botanischen Volkspark Pankow. Wie sieht es aus auf dem Feld, wie wachsen unsere Feldfrüchte und was machen wir da eigentlich auf dem Acker? Zwei Mal monatlich berichten wir von Kartoffeln und Kürbissen.

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Wer schon einmal im Garten nach Kartoffeln gegraben hat, der kennt dieses Goldgräbergefühl, wenn die jungen Knollen das Licht der Welt erblicken und aus dem Boden in den Erntekorb wandern. Wenn du dieses Gefühl von Kleingarten auf Hektargröße multiplizierst, ahnst Du, wie es uns vergangene Woche erging, als wir das erste Mal die Grabegabel in unseren Kartoffelacker in Pankow stachen. Wir wollten sehen, wie sie gedeihen, die Damen Laura, Ditta, Violetta, Freya und die anderen.

Der Regen hatte was dagegen. Er fiel in Strömen. Wir ließen uns nicht beirren und spähten bei Belana, Violetta, Laura und dem Rosa Tannenzäpfle in die Dämme. An dunkelvioletten, nahezu schwarzen Knollen arbeitet die Violetta. Sie steht gut da, auch wenn sie zaghafter wächst als ihre gelbfleischigen Nachbarinnen. Laura, die Treue, beeindruckt bereits. Mit der Pflanze erhob sich eine große Hand voller kräftiger Kartoffeln aus dem Boden, genauso fleißig ist die Belana. Das Rosa Tannenzäpfle ist zaghafter. Ihre Früchte sind daumengroß aber schon zart rosafarben. Sie ist eine der ältesten bekannten Kartoffelsorten überhaupt und hat eine sehr späte Reifezeit. Die Grande Dame des Ackers lässt sich Zeit.

Aus der Erde ging es in den Topf und auf den Teller. Wir haben die Kartoffeln direkt verköstigt und waren trotz prasselnden Regens selig. Die Violetta ist leicht nussig, die Laura hat ein volles nahezu fruchtiges Aroma, die Belana einen herrlich kräftigen Kartoffelgeschmack.

Dass die Kartoffeln im Juli so stolz auf dem Acker stehen, ist keine Selbstverständlichkeit. Es stecken bereits ein paar Monate Anbau-Geschichte in den tollen Knollen. Schon Anfang März haben wir die Kartoffeln in Holzkisten gestapelt, Tag und Nacht beleuchtet, um sie aufzuwecken und zum Keimen zu animieren. So versucht man im Anbau die Standzeit auf dem Feld zu verkürzen, um das Risiko für Schädlings- und Krankheitsbefall zu verringern. Mitte April dann kamen die Keimlinge in die Erde. Der Trecker vorneweg, die rüstige polnische Pflanzmaschine hinterher, fielen die Saatkartoffeln kontrolliert auf die Erde und verschwanden in Dämmen. Gepflanzt, getan? Weit gefehlt, jetzt fängt des Kartoffelbauers Arbeit erst richtig an. Unser Kollege Philip saß in den kommenden Wochen alle paar Tage auf dem Traktor und hat die Kartoffeldämme hochgehäufelt und abgestriegelt. Das dauerhafte Auf und Ab der Dämme hat verschiedene Gründe, hauptsächlich aber sollen unerwünschte Beikräuter gestört werden. Die Kartoffeln sollen so lange wie möglich für sich sein auf dem Acker und in ihren warmen Dämmen eifrig wachsen. Der Biobauer arbeitet bei der Beikrautregulierung im Unterschied zum konventionellen Anbau mechanisch und spritzt unerwünschte Pflanzen nicht einfach weg.

Hat man die pflanzlichen „Mitesser“ des Ackers im Griff, kommen die tierischen Räuber. Allen voran der Kartoffelkäfer. In diesem Jahr waren die gelb-schwarz gestreiften Käfer und ihre hungrigen hellroten Larven üppig. Dementsprechend fleißig war das bauerngarten-Team. Wir sammeln die Larven händisch ab und behandeln die Kartoffeln mit dem pflanzlichen Wirkstoff des Neem-Baumes.

Dass der Kartoffelkäfer ob seiner Gefräßigkeit in den letzten hundert Jahren ein hoch politisiertes Tier war, das im Krieg zu Propagandazwecken missbraucht wurde, erfährst du im nächsten Newsletter. Außerdem schlagen wir uns dann in den bereits kniehoch buschig stehenden Kürbiswald und fahnden nach Hokkaido, Butternut und Muskat.

Bis dahin frohes Ackern!

Dein bauerngarten-Team